ART:VERWANDT – Lea, Jonas & Armin Göhringer

Verwandt sind Lea, Jonas und Armin Göhringer tatsächlich: als Tochter (*1997), Sohn (*1991) und Vater (*1954). Aber ist es auch ihre Kunst, wie es der Titel der kommenden Ausstellung im Konstanzer Kunstverein nahelegt: art:verwandt?

Auf einen ersten Blick erscheinen die skulpturalen, zeichnerischen und malerischen Arbeiten der Schwarzwälder Künstlerfamilie kaum zugehörig. Aber die Künstler:innen selbst geben einen Leitfaden vor, der verbindend durch ihre unterschiedlichen Werke führt: Von der Linie zur Fläche zum Körper und umgekehrt.

Die feinsten Linien setzt mit höchster zeichnerischer Präzision Jonas Göhringer, der nicht nur sein Studium der Malerei und Grafik (an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Karlsruhe und der Pekinger Partner-Akademie) abschloss, sondern auch eines der Biologie. Die Linien, sorgfältig im schimmernden Graphit gezogen, eine neben die andere, vereinen sich zu Flächen, die, oft vor dunkle, mit breitem Pinsel aufgetragene Farbstreifen gesetzt, in dieser Spannung von Feinzeichnerischem zu malerischer Bewegtheit körperlich erscheinen.

Für Lea Göhringer, die vor dem Abschluss ihres Karlsruher Kunststudiums steht, sind Linien ein malerisches Mittel, mit dem sie ihren Malgrund, grobe Jute, im ersten Zugang formt. Manche dieser Linien bestehen als Umrisse fort, andere werden zu farbigen, dicht gespachtelten Flächen aufgefüllt. Konzeptioneller Ausgangspunkt ihrer Arbeiten ist eine abstrahierende Darstellung des menschlichen, oft des eigenen, Körpers. Dabei zeigen sich Körper in bewegten, schwebeartigen Positionen, werden vervielfacht oder gespiegelt, Körperumrisse durchdringen Körperflächen. Schon durch die Rohheit des Malgrunds, flüchtig auf die Wand genagelt, dessen sackleinerne Farbigkeit neben erdigen Rot-Grün-Braun-Tönungen immer sichtbar bleibt, entstehen körperhafte Arbeiten, die leicht und kraftvoll in den Raum vordringen.

Einen umgekehrten Weg, vom Körper zur Fläche zur Linie, gehen die Arbeiten des bekannten Holzbildhauers Armin Göhringer. Sein Material Holz mit all seinen Eigenheiten ist von Beginn ein Körper, den der Künstler als ein Ganzes bearbeitet und umformt, zu klotzigen Quader-Kompositionen, hochaufstrebenden Standskulpturen oder in die Horizontale gekippten Wandskulpturen. Die dabei entstehenden, oft geschwärzten Holzflächen zeigen noch den Sägeverlauf, Arbeitsspuren, die zur je besonderen Körperform führen. Durch eine immer weitergetriebene bildhauerische Arbeit, die, wie der Künstler selbst feststellt, an die Grenzen des Möglichen geht, entstehen filigrane linienartige Strukturen, die nebeneinander gesetzt vertikale Orientierungen verstärken oder, zu Gitterstrukturen verflochten, innere Räume von einem Äußeren abgrenzen. Noch verdichten kann sich diese Linienhaftigkeit durch den Zusatz eines weiteren Materials: gewässertes Hanfpapier, in Nepal handgeschöpft, legt sich in heller Löchrigkeit über die stabartigen Holzstrukturen und formt diese weiter aus.

Art:verwandt – diese Art von Verwandtschaft bedeutet keine Abstammung in gerader Linie, wie es für Tochter, Sohn und Vater der Fall ist. Umso spannender wird es, Bezüge, Verweise, Paralleles und Dialogisches in den individuellen künstlerischen Produktionen von Lea, Jonas und Armin Göhringer zu entdecken: von der Linie zur Fläche zum Körper und umgekehrt.

Dolores Claros-Salinas

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