UBIK – un pezzolino da cielo. Leni Hoffmann

Mehr als ein Dutzend neue, ortsbezogene Arbeiten von Leni Hoffmann werden vom 23. März bis 25. August 2024 in der Städtischen Galerie Karlsruhe zu sehen sein. Seit nunmehr 35 Jahren verändert die Künstlerin mit ihren radikalen Arbeiten und zeitlich begrenzten Interventionen Sehgewohnheiten. In den museal genutzten Räumen der ehemaligen Munitionsfabrik des Hallenbaus reaktiviert sie aktuell mit ihren in situ entstandenen Werken Zwischenräume, die von den Besucher:innen gemeinhin nicht wahrgenommen werden. Das Ergebnis ist spektakulär.

Wie Leni Hoffmann (*1962) Räume denkt, fordert und formt, zeigt sie eindrucksvoll in ihrer aktuellen Ausstellung »UBIK_un pezzolino da cielo« in der Städtischen Galerie Karlsruhe. In den seit 1989 museal genutzten Räumen der ehemaligen Munitionsfabrik, wo seit dem Ersten Weltkrieg Tausende von Zwangsarbeiter:innen Munition und Waffen produzierten, zeigt sie »ein Stückchen Himmel«. Ausgehend von der Architektur, ihrer Nutzung, der Wegeführung oder dem Lichtverhalten entstanden über viele Wochen orts- und kontextspezifische Interventionen und temporäre Installationen, die mit sinnlichen Oberflächen und farbigen Materialien den Grenzbereich zwischen Malerei und Objekten, dreidimensionalem Raum und zweidimensionaler Wand ausloten.

Mit einer Vielzahl von In-situ-Arbeiten sowie Printprodukten und kleinformatigen Bildern nimmt Leni Hoffmann die Museumsräume regelrecht in Besitz und initiiert Dialoge von Farbe, Formen und Materialien.

Nähern sich die Besucher:innen dem Hauptausstellungsraum, dem sogenannten Lichthof 10, stutzen sie möglicherweise angesichts des scheinbar schwungvoll auf die 15 Meter hohe Museumswand geschleuderten Putzes oder des großflächig in Farbe getauchten Parketts: Ihre monumentale Wandschüttung »sid« und die Abfolge von magenta-, gelb- und blaufarbigen Knetflächen auf dem Boden lädt die ohnehin schon prägnante Industriearchitektur der ehemaligen Munitionsfabrik und ihre Geschichte zusätzlich auf. Ein zentrales Element von Leni Hoffmanns malerischen Materialerkundungen ist dabei leuchtend farbige Knete. In der Arbeit »under milkwood« wird die Knetmasse direkt auf dem Boden aufgetragen. Nähern sich die Besucher:innen dem Werk, hinterlassen sie Spuren, die Teil der Arbeit werden. Das Werk vollendet sich so erst im Laufe der Ausstellung durch die Partizipation der Besucher:innen. Tausendfach werden Schritte der Passant:innen ihre Spuren hinterlassen und die Farben sich vermengen. Aus dem wahrgenommenen Raum wird für die Besuchenden ein Erfahrungsraum. Im Sinne der Künstlerin werden sie teil eines kollektiven visuellen Gedächtnisses.

Insgesamt realisiert Leni Hoffmann ihre radikalen und auch politischen Arbeiten sowohl im Museum als auch im öffentlichen Raum – oder im unmittelbaren Eingriff in den Produktionsprozess einer Tageszeitung. Eigen sind vor allem die ausgewählten Materialien und eingesetzten Techniken: Mit durchgefärbter Knete, geschüttetem Putz, Glas, Papier oder Sound untersucht sie die Möglichkeiten von Malerei. Die Farbe, losgelöst von der Leinwand, trägt sie dabei in den architektonischen Raum des Museums und lässt so gemeinhin übersehene Zwischenräume zu Bildräumen werden. Im Zentrum ihrer Arbeiten stehen die Betrachter:innen, die an jeder Bildschöpfung beteiligt sind. Für die aktuelle Ausstellung nimmt Leni Hoffmann die einzigartige Architektur eines der größten Industriedenkmäler Deutschlands auf. Die SGK zeigt die erste große Einzelausstellung der Künstlerin in Karlsruhe, wo Leni Hoffmann seit 2002 als Professorin für Malerei und Grafik an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Karlsruhe lehrt. 

Zur Künstlerin

Leni Hoffmann war 1993 »ars viva«-Preisträgerin des Kulturkreises der deutschen Wirtschaft, Preisträgerin der Villa Massimo in Rom, ihr wurde der Gabriele Münter Preis zuerkannt, wie auch der Bayerische Kunstförderpreis sowie der Kunstpreis des Landes Niedersachsen. Hervorzuheben ist der Preis der Stiftung Kunstfonds für eine Werkverzeichnung, deren erster Teil zum Ende der Karlsruher Ausstellung erscheinen soll.

In zahlreichen Einzelausstellungen und Ausstellungsbeteiligungen, darunter im Musée d’Art Moderne de la Ville de Paris, in der Queensland Art Gallery, Brisbane, im Kunstmuseum St. Gallen, im Sprengel Museum Hannover, im Museum Ludwig, Köln, im Lenbachhaus München, im Wilhelm-Hack-Museum Ludwigshafen und im Kunstmuseum Stuttgart, wurde das eindrucksvolle Werk der Künstlerin gezeigt.

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