Unheimlich schön. Geschlechterstereotype um 1900 bei Sascha Schneider

Es sind nackte Körper von Frauen, Knaben und Männern, die das malerische, plastische und grafische Œuvre des Dresdner Künstlers Sascha Schneider (1870–1927) beherrschen. Seine kühn kombinierten symbolistischen und religiösen Motive werden nach 1900 durch athletische Figuren abgelöst, die Schneiders Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen Machtverhältnissen und seine Vorstellungen vom neuen Menschen offenbaren. Sie schlagen sich auch in den Buchdeckelillustrationen zur Sonderausgabe der Gesammelten Reiseerzählungen Karl Mays nieder, die Schneider 1903 bis 1905 schuf.

Die Ausstellung Unheimlich schön wirft einen Blick auf Schneiders Inszenierungen von Männer- und Frauenkörpern, die von den Geschlechterstereotypen um 1900 geprägt sind. Daneben werden zeitgenössische und aktuelle künstlerische Positionen präsentiert, die Schneiders Geschlechterbilder reflektieren und Gegenpositionen aufzeigen. Es wird deutlich, dass Körperideale und Stereotype dieser Zeit bis heute wirken. Die Ausstellung lädt damit zum Nachdenken und Hinterfragen des eigenen Blicks auf Körper und Geschlecht ein:

In den seltenen Bildern von Frauen stellt Sascha Schneider sie meist als verführerisch dar. Sie sind Interpretationen des um 1900 verbreiteten Typus der Femme fatale. Schneiders Darstellungen von Knaben und androgynen Figuren verdeutlichen die Faszination des Künstlers für fluide Geschlechterzuschreibungen sowie seine Sympathie mit der Lebensreformbewegung um 1900, in der die Jugend eine zentrale Rolle spielt. Hier hat auch das Ideal des nackten, naturverbundenen Körpers seinen Ursprung, der in Schneiders Bildern und Schriften zum schönen, kraftstrotzenden Mann und zum Ideal eines neuen Menschen stilisiert wird. Die Dominanz des männlichen Aktes in seinem Œuvre lässt sich nicht nur auf zeittypische Tendenzen der männlichen Selbstbehauptung zurückführen, sondern auch auf Schneiders Homosexualität.

Einen spannungsreichen Kontrast zum Werk Schneiders bilden die fotografischen Arbeiten Men are made to reproduce (2022) von Milena Schilling und Fiona Mentzel. Die Fotografinnen hinterfragen darin den männlichen Blick und aktuelle Geschlechterrollen.

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